Die Entwicklung und Optimierung einer Software ist eine komplexe Angelegenheit. Natürlich führen auch hier viele Wege nach Rom. Aber die Suche nach der gelungenen Symbiose aus Funktion und Design erfordert viel Erfahrung, kompromisslose Sorgfalt und ein großes Maß an Durchhaltevermögen.
Wir lassen uns bei unserer Arbeit von drei einfachen und klaren Prioritäten leiten. Erstens: Usernutzen. Zweitens: Usernutzen. Drittens: Usernutzen. Nur gelegentlich gerät unsere Überzeugung ein wenig ins Wanken. Wenn wir bei unseren Streifzügen zwecks Trendbeobachtung und Inspiration auf Beispiele stoßen, die mit unseren Prinzipien nicht so recht in Einklang zu bringen sind.
Einige Anlässe für solche kurzfristigen Grübelphasen wollen wir hier vorstellen – vornehmlich vor dem Hintergrund einer allgemeinen Corona-Tristesse und insbesondere einer für Rheinländer unbefriedigenden Karnevalssession.
Brauerei im Hosentaschenformat
Stichwort Karneval: Es geht doch nichts über ein frisch gezapftes Bier. Nur: Was tun, wenn der Durst groß und die nächste Zapfstelle weit ist? Die Lösung heißt iBeer. Die preisgekrönte „Brauerei im Hosentaschenformat“ ist nicht nur „voll interaktiv“, sondern liefert Rülpser gleich mit. Kostenlos! Das Wine Pack ist mit 3,49 Euro in unseren Augen allerdings unverhältnismäßig teuer. Aber die Bewertungen von 4,2/5 (Apple) und 4,6/5 (Android) sind eindeutig: Das zischt. Irgendwie.
Zumindest die Problemstellung ist bei PAF Mosquito über jeden Zweifel erhaben. Denn – so die Entwickler – die „PAF-Mücke ist kein Spiel, sondern ein effizientes Instrument im Kampf gegen Mücken.“ Da keimt nicht nur bei Campingfreunden Hoffnung auf. Und 10,000+ Downloads können nicht irren. Das Prinzip ist einfach: Im Dunkeln verwandelt die App das (Android-)Smartphone in eine Lichtfalle.
Offen gestanden fanden wir Useless von Sky Games Studio etwas einfacher in der Handhabung und damit insgesamt auch eleganter. Zudem bestätigt die überragende Mehrheit der 9,767 Bewertungen, dass diese App hält, was sie verspricht. Die Entwickler versichern glaubhaft: Was auch immer andere Apps leisten mögen – Useless kann es garantiert nicht. Gibt es leider nur für Android. (Und nicht zu verwechseln mit der iOS App Useless Free, die eine ständig wachsende Liste unnützer Internetseiten parathält.)
Dass Genie und Wahnsinn mitunter recht dicht beieinander liegen, belegt auch Blower für iOS. Mit einem 2,29-Euro-Preisschild und 43,5 MB Speicherbedarf muss dieses Tool einfach toll sein. „Unlocken Sie den neuen mind-blowing-Funktion auf Ihrem iPhone, iPod und iPad: Ändern Sie es in einem echten Luft Blower!“, fordert der Entwickler höflich auf. Sogar Kerzen sollen sich damit ausblasen lassen.
Da die Nutzermeinungen durchaus ambivalent sind, haben wir uns stattdessen für die kostenlose Cooling fan machine im Google Play Store entschieden. Die Leistung ist zwar nicht unbedingt überzeugend, dafür soll das Summen das Einschlafverhalten günstig beeinflussen.
Schick-mich-zum-Himmel-App
S.M.T.H. richtet sich in erster Linie an sportlich ambitionierte Android-Besitzer (und wurde von Apple leider nicht für iOS zugelassen). Top-10-Listen erfassen die Besten der Besten: weltweit, der Woche, des Tages und des jeweiligen Landes. Damit sind Spaß und Spannung quasi garantiert. Der Name der App ist selbsterklärend: „Send me to heaven“ kann getrost mit „Schick mich zum Himmel“ übersetzt werden – je höher man das Smartphone wirft, desto mehr Punkte. Allerdings: Download erst ab 18.
Wer weniger sportlich ambitioniert, dafür aber ausdauernd ist (oder sich vornehmlich in geschlossenen Räumen mit niedrigen Decken aufhält), sollte Button hold (Android) bzw. Hold the button (iPhone) eine Chance geben. Hier messen sich die Besten der Besten weltweit im – wie der Name schon andeutet – Gedrückthalten eines Knopfes.
Mit Geistern und Toten kommunizieren
Ein wenig gruselig ist Ghost Radar Classic, eine Anwendung für iPhone und Android, die magnetische Felder, Erschütterungen und Geräusche in der Umgebung misst und diese dann – angeblich – in Wörter übersetzt. So als spreche der Geist.
Letztlich hat uns ein recht frisches Patent (US 10,853,717 B2) von Microsoft (Redmond, WA, USA) vom 1. Dezember 2020 nachdenklich gemacht. Es sichert die Rechte an der Entwicklung von sprechenden Chat-Bots mit den Eigenschaften spezifischer (lebender oder verstorbener) Personen. Grundlage sind Fotos, Audioaufnahmen, Social Media Posts, elektronische Nachrichten, Briefe etc., aus denen ein Persönlichkeitsprofil erstellt wird.
Auf der Grundlage dieses Profils kann der Bot laut Patentschrift lernen, sich in der für die Person charakteristischen Art zu unterhalten. Eventuelle Lücken im Originalmaterial können mithilfe von Konversations-Datenbanken geschlossen werden. Solange wir also zu Lebzeiten eine reichhaltige digitale Spur hinterlassen, steht für unsere Hinterbliebenen einem posthumen Plausch mit „uns“ bald nichts mehr im Wege.
Da loben wir uns doch Yo. Das ist ein Messenger, also im weitesten Sinne ein digitaler Verwandter von ownChat. Yo. beeindruckt uns durch seine konsequente Reduktion auf ein geradezu radikales Bekenntnis zum Minimalismus. Eine Botschaft. Ein Klick. Fertig. Weil damit doch eigentlich alles gesagt ist. Yo.